Immer freundlich bleiben

Artikel in der Südwestpresse - 10.03.2010

Hülben.  Lausbuben, die sich um perfekte Manieren bemühen und kecke Mädchen, die eine formvollendete Gastgeberin spielen: 20 junge Hülbener haben sich in einem Knigge-Kurs weitergebildet.

Einfache Beispiele mit einem großen Aha-Effekt: Kein Dank von der Mutter für eine festlich gedeckte Muttertagstafel? "Da fühlt man sich doch komisch", sagt Knigge-Expertin Gudrun Weichselgartner-Nopper zu 20 aufmerksamen Jungen und Mädchen im Germania-Keller.

Und wie siehts aus, wenn man in ein Wartezimmer eintritt, alle grüßt und keiner sagt was? "Da fühlt man sich ganz schön dumm", weiß Luca und hat einen wichtigen Punkt beim Benimm-Seminar erkannt: Das Zusammenleben macht mehr Spaß, wenn man sich gegenseitig respektvoll behandelt und mit Wertschätzung begegnet: "Das hat Freiherr von Knigge mit seinem Buch sagen wollen", erklärt die Referentin und schafft es, 20 quirlige Hülbener im Grundschulalter für über zwei Stunden zu fesseln.

Aufmerksam hören sie zu, wenn Knigge-Expertin Weichselgartner-Nopper Beispiele für Unhöflichkeit anspricht: "Man schaut denjenigen an, mit dem man spricht." Begeistert sind die jungen Kursteilnehmer bei den Rollenspielen mit dabei, wenn die Regeln des Vorstellens nach dem Prinzip "Der König versteht zuerst die frohe Kunde" praktisch angewendet werden. Klingt antiquiert, wird von den Benimm-Schülern jedoch schnell verstanden. Und auch die Kunst des Small-Talks lässt sich lernen: "Das ist eine Gemeinsamkeit zu finden, wenn man nicht weiß, was man eigentlich reden soll."

Umgangformen sind einem steten Wandel unterworfen: "Früher hat man seine Eltern gesiezt", weiß die Referentin. Heute verwischen die Grenzen immer mehr, dabei drückt das Siezen eines aus: "Respekt, Achtung und Anerkennung." Deshalb bietet der Ältere dem Jüngeren das Du an. Die ersten Verständnisprobleme kommen bei den Knigge-Schülern auf: "Unsere Lehrerin sagt auch einfach du zu uns und wir müssen sie siezen", fragt sich Johannes.

Distanz und Taktgefühl, Pünktlichkeit und Entschuldigen, vom Gähnen, Niesen und Husten: Die Kinder erhalten einen Einblick in die Welt des Benehmens, der nachvollziehbar ist - Dank der altersgemäßen Vermittlung von Gudrun Weichselgartner-Nopper. Viele Beispiele aus der realen Welt, ein respektvolles Behandeln der jungen Zuhörer und bestimmte, aber immer noch freundliche Zurechtweisungen, wos sein muss: "Im Zweifel müsst ihr immer höflich bleiben", heißt das Prinzip.

Auch dann, wenn man von der Mutter etwas will und sie sich in einem Gespräch befindet: "Eine Gesprächspause abwarten und auf keinen Fall am Ärmel zupfen und ziehen", rät die Fachfrau. Doch gerade hier sieht die Praxis anders aus als die Realität: Die Kinder berichten von vergeblichen Versuchen, zu Wort zu kommen und da müsse man irgendwann irgendwie das Gespräch unterbrechen - vor allem, wenn die Mutter über Stunden am Telefon sei. Die können künftig sicherlich vom neuen Wissen ihrer Kinder profitieren, denn auch ein Stehempfang, die Gestaltung einer Sitzordnung, das korrekte Eindecken eines Tisches und das richtige Benehmen beim anschließenden Essen standen auf dem Programm des Knigge-Kurses. Und wo sonst ein Durcheinander ist, wenn 20 Kinder miteinander Spaghetti essen, herrschte plötzlich ein gesittetes Miteinander. Die Referentin freuts und die Kinder haben von Dingen gehört, die zwar selbstverständlich sein sollten und es dennoch nicht sind: Höflichkeit und Anstand. Ermöglicht hat dieses Knigge-Seminar der Förderverein der Peter-Härtling-Schule.

Autor: KIRSTEN OECHSNER | 10.03.2010

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