Knigge für kleine Kreuzfahrer
Sinnvoll genutzte Ferien: Auf der „Mein Schiff“ bietet eine Spezialistin in Protokollfragen Benimmkurse für Kinder an. Und die machen sogar Spaß
Von Michael Maier
Etwas gewöhnungsbedürftig ist es schon, „so aufrecht“ am Tisch sitzen zu müssen und das große Sektglas nur mit drei kleinen Fingern zu halten. „Das Glas ist dafür zu schwer“, klagt der elfjährige Justin, und auch Carl Alexander (11) und Franz Ferdinand (8) schütteln nachdrücklich den Kopf. Aber vielleicht ist es mit dem Champagner-Trinken in diesem Alter auch noch etwas zu früh. Eingeschenkt wird nur Cola, Mineralwasser oder Sprite.
Gutes Benehmen ist wieder en vogue. Während die Eltern bei der Kreuzfahrt auf dem Sonnendeck von „Mein Schiff“ entspannen, lernen die Kinder im Knigge-Kurs von Gudrun Weichselgartner- Nopper gleich die Regeln für das Abendessen im vornehmen Bordrestaurant „Surf V Turf“.
Den Rahmen für den mehrmals im Jahr stattfindenden Kurs der schwäbischen Trainerin bot dieses Mal die 14-tägige Atlantiküberquerung von Santo Domingo nach Palma mit Stopps in Antigua, Martinique, Barbados und Madeira. Das 2009 getaufte Schiff von Tui-Cruises, das auch die Gewinner eines Kurzgeschichtenwettbewerbs der MZ bereits als Gäste erleben durften, hat seine Wintersaison in der Karibik am 9. April beendet und landet bis Anfang Mai wieder wöchentlich in Palma.
Gudrun Weichselgartner-Nopper, ehemalige Mitarbeiterin im International Department und Protokoll einer Stuttgarter Bank, setzt in ihren „Knigge-für-Kids“- Kursen auch auf den Spieltrieb der Kinder. Zumindest von den gelernten Servietten- Falttechniken zeigten sich die Kinder beim MZ-Besuch recht angetan. Gebüffelt wurden aber nicht nur Tischmanieren, sondern auch die Grundregeln der Hö! ichkeit. „Man sollte unbedingt grüßen, wenn man in einen geschlossenen Raum kommt. Das gilt auch für Aufzüge auf dem Schiff oder im Hotel“, empfiehlt Gudrun Weichselgartner-Nopper.
Und zwar auch dann, wenn die anderen unhöflicherweise nicht zurück grüßen. „Nur weil es alle falsch machen, wird es noch lange nicht richtig“, sagt die Dozentin, die als Ehefrau des Backnanger Oberbürgermeisters Frank Nopper auch Erfahrungen in der Rolle der First Lady einer Kleinstadt im Raum Stuttgart hat.
40-jährige gelernte Wirtschaftskorrespondentin bietet ihre Kurse auch in Hotels an. FOTOS: NELE BENDGENS lernte Wirtschaftskorrespondentin reüssierte zunächst mit Englisch- Kursen für das Vorschulalter und bietet seit 2007 ihre Knigge-Ausbildung an, die zum Beispiel als Kompaktseminar in Hotels stattfindet. Zielgruppen sind dabei einerseits Kinder bis elf Jahre, und andererseits Teens und Jugendliche ab zwölf. Der Kurs für die Kleinen wird auf „Mein Schiff“ am Morgen angeboten, für die flteren dann ab 12 Uhr mittags g damit das abendliche Unterhaltungsangebot an Bord nicht zu kurz kommt. Bei den Teenagern achtet die Dozentin möglichst auf eine gleiche Anzahl von Jungen und Mädchen, um bei Tisch Paare zu bilden. Beim Sechs-Gänge- Menü zum Abschluss des Kurses wird dann selbst gedeckt, und es herrscht so etwas wie eine Abschlussball- Atmosphäre.
Und praktischerweise kann man beim Flirten auch gleich die Regeln für den richtigen Small Talk üben: „Man sollte vorsichtig Gemeinsamkeiten suchen, und nicht gleich persönlich werden. Zum Beispiel fragt man nicht sofort, ob jemand Kinder hat. Das ist bei Frauen oft ein wunder Punkt. Geld, Krankheiten und Politik sind natürlich tabu.“ Auch Tipps zum Dresscode und zum richtigen Verhalten beim Vorstellen und beim Bewerbungsgespräch bereiten die Jugendlichen auf den Ernst des Lebens vor.
„Über den Umgang mit Menschen“, so der Titel des 250 Jahre alten Werks des Freiherrn von Knigge, das Gudrun Weichselgartner- Nopper auch heute noch als relevante Anleitung zum gegenseitigen Respekt und zum wertschätzenden Umgang miteinander sieht: „Takt kennt die Wahrheit, sagt sie aber nicht.“ Eine übertriebene Höflichkeit gibt es für die Dozentin nicht: „Vielleicht kann es mal etwas umständlich werden, aber prinzipiell gibt es ja auch kein Zuviel an Liebe.“ Als die drei wichtigsten Gebote der Höflichkeit sieht die Dozentin das Grüßen, den durch Pünktlichkeit bezeigten Respekt sowie die Wörter „Bitte“ und „Danke“ gerade auch im Urlaub. Laut der Trainerin bedankt man sich am Tisch zum Beispiel jedes Mal, wenn ein Gedeck abgetragen wird: „Das ist wichtiger als Trinkgeld.“
Was das schnelle Duzen betrifft, ist die Kursanbieterin übrigens skeptisch: „An Bord ist man dazu natürlich versucht, aber das kSie‘ in Verbindung mit dem Vornamen " nde ich eine gute Alternative dazu.“ Tui- Kommunikationsdirektorin Annette Engelke sieht es freilich etwas legerer: „Auf der kMein Schiff‘ muss eigentlich nur der Kapitän zwingend gesiezt werden.“
Copyright Mallorca Zeitung - Nr. 519 - 15. April 2010